Vier Monate liegen hinter uns, weitere vier stehen uns bevor - Halbzeit erreicht.
Es ist unglaublich, wie schnell die Zeit in den letzten Tagen, Wochen, Monaten vergangen ist.

Die Zeit verging wie im Flug“

Üblicherweise benutzt man die Redewendung, wenn etwas besonders schön war. In tollen Momenten, bei einzigartigen Erlebnissen vergisst man gerne die Zeit. Sie vergeht gefühlt wahnsinnig schnell, oftmals zu schnell.
Eine unglaublich tolle Zeit, die haben wir hier voller bereichernder Erfahrungen und wunderbaren Momenten, die wir im folgenden Blogartikel mit euch teilen möchten.


All Saints Day - Allerheiligen
In Deutschland ist der christliche Feiertag Allerheiligen am 1. November ein sogenannter „stiller Feiertag“, an dem eine andächtige Stille in der Luft liegt - anders als in den Philippinen.
Zusammen mit einem Mädchen in unserem Alter und ihrer Mutter besuchten wir insgesamt vier verschiedene Friedhöfe um zu erleben, wie Allerheiligen auf den Philippinen gefeiert wird. An diesem Tag sind viele Menschen unterwegs um das Grab ihrer verstorbenen Verwandten zu besuchen, um zu beten, Blumen niederzulegen und um eine Kerze aufzustellen. Manche Menschen sitzen auch auf den Gräbern und integrieren den Verstorbenen weiterhin in der Familie. Einige Angehörige verbringen sogar die gesamte Nacht am Grab. Besonders bei Dunkelheit war die Atmosphäre auf dem Friedhof besonders: tausende Kerzen und Lichter brannten auf den Gräbern und erhellten den Himmel. Durch diese, wie auch die Menschenmengen, wurde auf eine bestimmte Art und Weise Leben auf den Friedhof gebracht.




In den ersten fünf Jahren ist das Grab kostenlos. Möchte man anschließend die Knochen weiterhin aufbewahren, sind 10.000 Peso (= 200€) zu zahlen für ein kleineres Grab, das in Mauern eingebaut ist. Können die Verwandten die Summe nicht erbringen oder gibt es keine Hinterbliebenen, so werden die Knochen in einem großen Gemeinschaftsgrab begraben. Es ist Tradition, dass man neben dem Besuch des Grabes des Angehörigen auch hier für die Verstorbenen betet und eine Kerze für sie anzündet.




Einer der vier Friedhöfe war ein privater Friedhof und nicht öffentlich. Im Großen und Ganzen unterschieden sie sich dadurch, dass der private Friedhof sauberer und gepflegter war und die Gräber nebeneinander angeordnet sind, die darüber hinaus auch über mehr Grünflächen verfügten. Dadurch sind die Gebühren allerdings höher.




Für uns beide war es spannend zu erleben, wie Allerheiligen auf den Philippinen gefeiert wird. Es wirkte, als ob der Friedhof nicht nur ein Ort der Trauer und Andacht ist, sondern auch die Möglichkeit bietet, die Verstorbenen am Leben der Lebenden teilhaben zu lassen.




Carbon Market
An einem anderen Tag begleiteten wir einen JPIC-Mitarbeiter zum Carbon Market, dem größten öffentlichen Obst- und Gemüsemarkt in Cebu City. Es handelt sich gleichzeitig um den ältesten Markt der Stadt, der bereits seit über 100 Jahren existiert. Der ungewöhnliche Name lässt sich wahrscheinlich darauf zurückführen, dass einst an diesem Ort Kohle (engl. carbon) von den Gleisen abgeladen wurde.
Früh morgens und nach Anbruch der Dunkelheit abends werden frische Waren aus den Bergen im Inland der Insel in die Stadt geliefert und zu besonders günstigen Preisen angeboten. Wohin man nur schaute: überall waren Stände mit buntem, frischen Obst und Gemüse. Unseren Bedarf für die gesamte nächste Woche konnten wir mit unserem Einkauf decken.


Inter Project Visit in Compostela
Normalerweise haben alle Freiwilligen von KKS einen „Inter Project Visit“. Das bedeutet, dass man mehrere Tage in einem anderen Freiwilligenprojekt mitlebt bzw. -arbeitet. Da wir, die beiden Teams auf den Philippinen, uns oft gegenseitig besuchen, wurde entschieden, dass wir ein weiteres Häuserprojekt, wie es auch unsere sind, kennenlernen. Dafür fuhren wir mit unserer Mentorin in die Berge im Norden nach Compostela.
Das Projekt existiert seit 2012 und derzeit leben hier 38 Familien - zum Vergleich: in San Pio wohnen ca. 250 - wovon 36 von „Umapad dumpsite“ (s.h. Themenbeitrag Müll - der weltweit wachsende Müllberg) stammen.




Als größten Vorteil der neuen Heimat im Vergleich zum Leben auf der Müllhalde nannte die Jugendleiterin die saubere, nicht gesundheitsschädigende und sichere Umgebung. Nachteilig wäre allerdings die große Entfernung zur nächsten Stadt, Compostela, sowie zu Cebu City. Die Abgelegenheit und der Fakt, dass ganz am Anfang keine Elektrizität vorhanden war, sei auch der Grund gewesen, warum sich kurz nach Bestehen der Gemeinde mehrere Familien dazu entschieden wieder zurück auf die Müllhalde zu kehren.
Einen Großteil der Einnahmen beziehen die Familien des Häuserprojekts durch den Verkauf von Schmuck und Taschen, die die Frauen selbst designen bzw. nähen. Außerdem hat sich die Gemeinde auf den Anbau und später Verkauf landwirtschaftlicher Produkte und die Viehhaltung spezialisiert.




Wir verbrachten in Compostela zwei Tage und schliefen zusammen in einem der Häuser. Sie werden aus recycelten Materialien einer deutschen Möbelfirma gebaut, die das Projekt finanziell unterstützt. Unsere Mentorin, wie auch die Jugend, zeigten uns an den beiden Tagen das Projektgelände und führten uns zu der nahe gelegen Preschool bzw. Grundschule, die die Kinder besuchen. Die Schule ist am schnellsten (ca. 15 min Laufweg) über einen Trampelpfad zu erreichen, der mitten durch die Natur führt.





Aktivitäten in der Preschool
In der Preschool wurde von den Lehrern eine Halloweenparty geplant. Unsere Aufgabe war es für die Kleinen Spiele vorzubereiten. Kindheitserinnerungen kamen auf, als wir mit ihnen Spiele spielten, die wir beide selbst von Kindergeburtstagen von früher kannten.

Die Halloweenparty war gleichzeitig eine Abschiedsfeier für Mia, eine dänische Freiwillige, die ihren letzten Tag im Projekt verbrachte. Unseren geliebten „budol fight“, der als Überraschung für Mia vorbereitet wurde, bildete den Abschluss der Aktivität.
Dabei breitet man das Essen auf dem Tisch aus mit Bananenblättern als Unterlage und isst in geselliger Gemeinschaft ohne Besteck lediglich.
Budol fights waren v.a. im philippinischen Militär verbreitet. Dass man lediglich mit den Händen isst, soll die Kameradschaft und Gleichheit unter den Soldaten symbolisieren. Das Wort „Kampf“ in der Bezeichnung (engl. fight) ist darauf zurückzuführen, dass die meist hungrigen Soldaten versuchten so schnell wie möglich zu essen und somit bildlich um das Essen kämpften.




Zwei Wochen später wurde für die Kinder zusammen mit ihren Eltern eine „Educational Tour“ organisiert. In großen Reisebussen fuhren wir von einem Programmpunkt zum Nächsten. Der Tag begann in „Crocolandia“, einem Tierpark, in dem hauptsächlich Krokodile, Vögel, Schlangen und Fische gehalten wurden. Weiter ging der Ausflug zu einer Kirche, die einem Heiligen zu Ehren errichtet wurde.




Leider konnten wir die Tour nach dem Mittagessen nicht fortsetzen, da für diesen und den nächsten Tag eine Taifunwarnung Stufe eins für Cebu ausgeschrieben wurde. Aus Sicherheitsgründen mussten wir den Ausflug daher abbrechen. Sämtliche Preschools und Grundschulen auf der Insel blieben für die beiden Tage geschlossen. Wir beide erwarteten einen Sturm mit starken Wind und viel Niederschlag. Doch glücklicherweise änderte der tropische Wirbelsturm seine Bahn und erreichte Cebu kaum. Bis auf etwas Regen blieb es in den folgenden Tagen auf unserer Insel ruhig.


Aktivitäten in San Pio
Deutscher Abend
Inspiriert vom Deutschen Abend, den die anderen beiden deutschen Freiwilligen einige Woche zuvor in ihrem Häuserprojekt durchgeführt hatten, planten auch wir eine ähnliche Aktivität in San Pio. Aufgrund vieler Fragen über Deutschland von Seiten der Bewohner merkten wir, dass Interesse an unserem Land, der Kultur, der Mentalität und dem System besteht. Wir bereiteten einen deutschen Abend vor, an dem wir spielerisch darüber berichteten und auch etwas über uns erzählten.
Um sie auch etwas „Deutschland“ probieren zu lassen, bereiteten wir kleine typisch deutsche Snacks vor: Currywurst mit Röstzwiebel und Pommes und zusätzlich noch Apfelkuchen.
Leider schrieben wir im vornherein keine Altersbeschränkung aus, sodass hauptsächlich Kinder anwesend waren. Es war schwierig ein paar Spiele mit ihnen zu spielen bzw. gewisse Inhalte zu vermitteln, da wir uns auf eine andere Zielgruppe, d.h. hauptsächlich Erwachsene, eingestellt hatten. Wir sind uns jedoch sicher, dass wir trotzdem etwas von der deutschen Kultur übermitteln konnten.




Vortrag über Diabetes- und Bluthochdruckprävention
An einem Samstagvormittag besuchten Studenten einer bekannten Universität Cebu Citys San Pio um über Diabetes und Bluthochdruck aufzuklären. Aufgrund der kohlenhydratreichen Ernährung von v.a. täglich großen Mengen an Reis, den vielen Softdrinks und zuckerhaltigen Snacks treten die genannten Erkrankungen vergleichsweise häufiger auf. In dem Vortrag informierten die Studenten über das Krankheitsbild, Symptome und Präventionsmaßnahmen.

Childrens month
November ist „childrens month“, d.h. er steht ganz unter dem Stern der Kinder. JPIC organisierte daher eine Veranstaltung in San Pio, zu der ca. 50 Kinder aus verschiedenen Projekten eingeladen wurden. Alle Kinder haben ein Stipendium von JPIC, das die anfallenden Schulgebühren deckt. In dem Projekt in Compostela ist es sogar möglich allen Kindern ein Stipendium zu ermöglichen, sodass jeder die Möglichkeit auf Bildung hat.
In Präsentationen wurden sie über ihre Rechte, die Kinderrechte, aufgeklärt. Am Nachmittag traten einzelne Gruppen in einem Quiz gegeneinander an. Auch ein Malwettbewerb fand statt, wo die Kinder 45 min Zeit hatten um zu dem Thema „Bildung für alle Kinder“ ein Poster zu gestalten. Die Bilder wurden dabei auf Originalität, Kreativität und Treffen des Themas bewertet. Als Juroren war es für uns sichtlich schwer, die besten Bilder auszuwählen, da viele Kinder sehr schöne und kreative Ideen hatten.





Fiesta Block 10
In diesem Monat feierten wir an einem Sonntagabend die Fiesta unseres Blocks. Hierfür brachte jede Familie Essen mit, das wir alle zusammen aßen. Wir haben einen typisch deutschen Apfelkuchen gebacken. Karaoke singen durfte an dem Abend natürlich auch nicht fehlen!


Aktivitäten in der Freizeit
Egal ob Zumba abends in San Pio, eine spontane Wasserschlacht bei Dunkelheit, Baden im Meer bei strömenden Regen zusammen mit den Preschool Lehrern oder „budol fights“, zu denen wir beim „lakaw-lakaw“ (spazieren) abends eingeladen werden: Neben Ausflügen an unserem freien Tag genießen wir die spontanen Aktionen in unserer Freizeit.

Kawasan Falls
Bereits in Deutschland wussten wir, dass die Kawasan Falls ein absolutes Muss sind! Schon lange freuten wir uns darauf, die Wasserfälle endlich besuchen zu gehen. Insgesamt gibt es drei verschiedene Stufen, die über Trampelpfade zu erreichen sind. Im türkisblauen Wasser zu schwimmen, das einen scherzen lies, ob nicht blaue Farbe untergemischt wurde, und sich von Felsen an Lianen ins Wasser zu schwingen war ein einmaliges Erlebnis! Wir glauben: Bilder sagen hier mehr als tausend Worte!!!





Olango Island
An einem weiteren freien Tag fuhren wir mit der Fähre auf Olango Island, einer Insel nahe Mactan Island bzw. Cebu gelegen. Wir besuchten das „Olango Island Wildlife Sanctuary“, einem 1013 ha großem Naturschutzgebiet, das flache Sandstrände und Mangrovenwälder umfasst. Das Gebiet ist bekannt für die landesweit reichsten Bestände an Zugvögeln. Insgesamt 48 verschiedene Arten sind hier anzutreffen. Besonders bei Ebbe kann man eine Vielzahl von Vögeln beobachten, die die Strände bevölkern um nach Würmen, Schnecken und kleinen Würmern zu suchen. Wir genossen die Idylle und Ruhe, die von diesem Ort ausging und entspannten mehrere Stunden bei wunderschöner Aussicht auf das Naturschutzgebiet.




Am selben Tag konnte man Abends den Supermond beobachten, der 40% größer und 30% heller als sonst sein sollte. Wir buchten eine Standup-Paddeling Tour um bei Dunkelheit den Mond auf offenem Meer zu genießen. Leider war der Himmel den Großteil der Zeit mit Wolken bedeckt - später fing es sogar an zu regnen - sodass wir nur in Küstennähe paddeln durften. Trotz des Pechs mit dem Wetter genossen wir den Ausflug sehr, denn wann hat man schon einmal die Möglichkeit, abends über das philippinische Meer zu paddeln.

SM Seaside und Entspannen am Strand
An einem unserer anderen beiden freien Tage gingen wir in die größte und neueste Shopping Mall Cebu Citys, SM Seaside, die fast schon als Sehenswürdigkeit der Stadt eingestuft werden kann.
An unserem letzten freien Tag entspannten wir in einem Beach Resort am Strand und genossen das herrliche Wetter. Für uns ist es schwer vorzustellen, dass in Deutschland bereits der Winter mit kalten Temperaturen Einzug erhält, während wir es uns bei 30°C, Sonne, Strand und Meer gut gehen lassen.


Egal ob die Durchführung eigener Projekte, die Arbeit in der Preschool, die Teilnahme an Aktivitäten oder unsere Ausflüge in der Freizeit: alles macht auf seine Art und Weise Spaß und bereichert uns in vieler Hinsicht. In den letzten vier Monaten haben wir viel gelernt. Besonders unsere Erfahrungen unter uns vier Freiwilligen zu teilen, lässt so manche Nacht etwas länger werden, bietet jedoch einen Austausch, der sowohl auf persönlicher aber auch gesellschaftlicher Ebene zum Nachdenken anregt.
Wir hoffen in Zukunft auf eine mindestens genauso tolle, ereignis- und lehrreiche Zeit wie bisher. Wir haben bei dem Gedanken daran in vier Monaten schon wieder nach Hause zu müssen ein lachendes, aber auch ein weinendes Auge, da ein besonderer Lebensabschnitt zu Ende gehen wird.

Salamat ug babay,

Klara und Marleen