Orientierungstage
Der
3. August - auf diesen Tag hatten wir lange hingefiebert, denn
endlich startete unsere Reise als Freiwillige in das Inselparadies
Philippinen. Nach ca. 16 Stunden Flug und mehreren Stunden
Flugverspätung sind wir abends um elf Uhr in unserer neuen Heimat
Cebu City angekommen. Herzlich wurden wir von unserer philippinischen
Mentorin empfangen, die uns gleich ins Jollibee - der wohl
bekanntesten und beliebtesten Fastfood-Kette der Philippinen - zum
Essen einlud. Auf dem Weg vom Flughafen zu unserer Unterkunft im
Zentrum von Cebu City lernten wir die Stadt von ihrer
charakteristischen Seite kennen: volle Straßen trotz der späten
Uhrzeit, überall Lichter, viele verschiedene Geräusche und Gerüche,
lächelnde Menschen.
Die ersten vier
Tage dienten der Orientierung. Uns wurden Sehenswürdigkeiten der
Stadt, wie auch eine kleine
„dumpsite“
(Müllkippe) und Projekte von JPIC - darunter Janssen Ville, dem
Projekt,
in
dem das andere Tandemteam (Lena
und Evin) untergebracht ist - gezeigt. Unseren externen deutschen Mentor lernten wir ebenfalls in unseren ersten
Tagen kennen und erhielten weitere interessante und wichtige
Informationen über Land und Leute.
Ankunft im
Projekt
Am Sonntag, den
7. August, ging es erstmals in unser Projekt nach San Pio Village, wo
wir mit offenen Armen empfangen wurden. Gemeinsam wohnen wir in einem
kleinen Haus inmitten der anderen Familien. Jeder hat sein eigenes
Zimmer. Zusammen teilen wir uns ein kleines Badezimmer, wie auch
einen weiteren Raum mit Küche und Essbereich.
Einige Dinge
waren für uns neu, die wir vom Leben in Deutschland nicht gewohnt
waren. So mussten wir beispielsweise anfangs Wasser von der Pumpe
holen (mittlerweile haben wir zum Glück fließendes Wasser im Haus),
ausschließlich mit einer Pfanne und einem Reiskocher kochen, Wäsche
mit den Händen waschen und mit Eimer und Kelle duschen - eine Dusche
bzw. Badewanne gibt es nicht. Für uns beide ist es außerdem das
erste Mal, dass wir unseren Haushalt selbst führen müssen,
verbunden mit kochen, putzen, einkaufen und waschen.
Bei jeglichen
Fragen können wir uns an unsere Gastfamilie wenden, die ebenfalls in
der Village wohnt und von der wir sehr freundlich aufgenommen wurden.
Sie steht uns immer
mit
Rat und Tat zur Seite.
In unseren
ersten Tagen gingen wir von Haus zu Haus, um uns den Familien der
Village auf Bisaya, der hier gesprochenen Sprache, vorzustellen.
Gastfreundlich, wie hier viele sind, wurden wir von einigen Familien
in ihr Haus eingeladen. Aus der eigentlich kurzen Vorstellung
entwickelten sich interessante, berührende, teilweise stundenlange
Gespräche.
Wenn wir in der
Village unterwegs sind, werden wir von Kindern, wie auch den Älteren,
freundlich begrüßt und in die Gemeinschaft aufgenommen.
Arbeit in
der Preschool
In den
folgenden Wochen lernten wir die Arbeit in der Preschool der Village,
die mit einem deutschen Kindergarten vergleichbar ist, kennen.
Nachdem zu Beginn die Nationalhymne gesungen und ein Gebet gesprochen
wird, spielen, tanzen, singen oder basteln wir zusammen. Abschließend
bekommen die Kinder eine warme Mahlzeit und die Zähne werden
geputzt. Wie auch die Dorfbewohner, haben uns auch die Kinder - nach
kurzer, anfänglicher Unsicherheit - mit offenen Armen empfangen.
Zusammen mit einer Lehrerin, zwei
Lehrerassistentinnen und einer
dänischen, wie auch einer philippinischen Volunteer, betreuen wir zusammen die drei- und vierjährigen Kinder,
die nach ihrem Alter in eine Vormittags- und Nachmittagsgruppe
aufgeteilt werden. Unsere Aufgabe ist es, neben dem Assistieren,
Bilder von den Kindern zu machen, um anschließend ihre Schulausweise
zu gestalten. In Zukunft werden wir zwei Mal pro Woche in die
Preschool gehen.
Eines
Vormittags kam ein Zahnarzt in seiner mobilen Praxis - einem großen
Transportwagen, der einem Wohnmobil ähnelt, mit integrierter
Zahnarztpraxis - um den Kindern zu zeigen, wie sie ihre Zähne
richtig putzen und um ihnen ein Fluid
zur
Reinigung
auf
die Zähne zu geben.
Jeden Monat
wird eine größere Aktivität von der Preschool aus organisiert.
Diesen August wurde das „Buwan ug Wika“ Fest gefeiert. Nach
kleinen Aufführungen der Kinder, spielten wir witzige Spiele mit
ihnen, sowie zusammen mit ihren Eltern. Auch wir hatten eine
Aufführung, in der wir den „Tinikling“, ein philippinischer
Bambustanz, in traditionellen Kleidern getanzt haben. Abschließend
haben wir zusammen gegessen und viele verschiedene Reisspezialitäten
kennengelernt.
Arbeit im
Kiosk
Außerdem
lernten wir die Arbeit im "cooperative Store", dem Kiosk der Village,
kennen. Wir assistieren beim Verkauf, helfen beim Auffüllen von
Zucker, Salz oder Öl oder unterstützen bei der Inventur.
Religiöse
Aktivitäten
Jeden Abend
nach dem Essen findet die „Rosary“ statt, in dem ein Haus der
Village gesegnet wird. Die Dorfbewohner versammeln sich und ziehen in
einem Umzug durch die Straßen, um den Rosenkranz zu beten. Dies wird
zu Ehren von San Pio gemacht, einem italienischen Heiligen, nach dem
die Village benannt ist.
Sonntagsmorgen
um 9.30 Uhr trifft sich die Gemeinde zu einem gemeinsamen
Gottesdienst, dessen Aufbau dem Deutschen gleicht. Nach jeder Messe
wird der Pfarrer zu einer Familie zum Essen eingeladen, zu dem auch
wir immer hinzukommen durften.
Nach dem
Gottesdienst trifft sich der Chor zu einer gemeinsamen Probe.
Begeistert von deren Gesang fragten wir, ob wir zuhören dürften.
Allerdings blieb es nicht nur beim passiven Zuhören, denn wir wurden
aufgefordert unsere deutsche Nationalhymne zu singen.
Ein Pfarrer lud
uns ein beim monatlichen „Faith Sharing“ in der Universität „San
Carlos“ in Cebu City teilzunehmen, wobei verschiedene Pfarrer,
Schwestern, Brüder oder Engagierte verschiedener Gemeinde zusammen
kamen. Im Zentrum dieser Sitzung stand Mutter Maria. In
Gruppengesprächen wurde ausgetauscht, ob den Teilnehmern Maria im
Leben bereits erschienen ist oder, inwiefern man sich von ihrem
Handeln inspirieren lassen kann. Das Treffen wurde mit einem
gemeinsamen leckeren Abendessen mit einem typisch philippinisch
zubereiteten Spanferkel abgeschlossen.
Weitere
Aktivitäten in der Village
Eines Morgens
trafen wir uns um sieben Uhr zu einer „gardening activity“ um ein
Gemüsebeet zu errichten. Für uns wäre es in Deutschland
unvorstellbar gewesen bei 30 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit um diese
Uhrzeit Gras aus der Erde zu reisen, schwere Erdsäcke zu tragen oder
den Boden umzupflügen. Die Arbeit in der Gemeinschaft hat uns trotz
kräftigem Schwitzen viel Spaß bereitet. Im Anschluss hatten wir ein
traditionell philippinisches „budul fight“: Auf einer langen
Tafel werden Bananenblätter ausgebreitet, auf denen wiederum das
Essen verteilt wird. Zusammen versammelten wir uns um den Tisch und
aßen das leckere Essen
ohne
Besteck
- Messer werden hier generell nicht zum Essen verwendet.
Jeden
Sonntagmorgen klingelt unser Wecker morgens bereits um 5.20 Uhr um
die Blätter, die anschließend verbrannt werden, unter den
Mangobäumen zusammen zu kehren. Die Bewohner der Village treffen
sich wöchentlich um sechs Uhr morgens, um einen bestimmten Bereich,
der ihrem Wohnblock zugewiesen ist, zu säubern.
An einem
weiteren Tag trafen wir uns zu einem JPIC-Meeting mit unseren
Mentoren und allen philippinischen Freiwilligen, die auf Cebu und den
umliegenden Inseln tätig sind um über ihre Arbeit und Rolle als
Freiwillige zu sprechen, sich auszutauschen und
Verbesserungsvorschläge zu äußern.
Regelmäßig
findet in San Pio Village ein Erste-Hilfe-Kurs statt, an dem wir
teilnehmen durften. Es war interessant die Gemeinsamkeiten und
Unterschiede zu den Methoden in Deutschland zu ergründen.
Aktivitäten
in der Freizeit
Pro Woche haben
wir einen freien Tag, den wir nutzen möchten, um die Stadt und
Umgebung besser kennenzulernen.
An unserem
ersten freien Tag zeigte uns ein 19-jähriges Mädchen, das sehr aktiv in der Village ist und außerdem als Lehrerassistentin in
der Preschool arbeitet, das Zentrum von Talisay City. Wir
besichtigten eine Kirche, wie auch ein Museum über die Geschichte
von Talisay City. Außerdem zeigte sie uns den Strand der Stadt.
Zusammen haben
wir das erste Mal die philippinische Spezialität Balut - ein
gekochtes Entenei mit einem 16-Wochen alten sich entwickelndem Küken
im Inneren - probiert. Zuerst wird die Oberseite des Eies geschält,
um den Saft des Eies zusammen mit Essig und Salz zu trinken.
Anschließend aßen wir es. Wahlweise kann erneut Essig und Salz
hinzugegeben werden. Es hat uns etwas Überwindung gekostet, die Ente
mitzuessen. Der Geschmack war in Ordnung, allerdings wird es nicht zu
unseren philippinischen
Lieblingsgerichten
zählen.
An diesem Abend
haben wir eine weitere Spezialität, Halo-Halo (deutsch: gemischt),
einen Nachtisch aus Eis, Milch und verschiedenem Obst und Gemüse,
kennengelernt.
Dies
hat
uns wesentlich besser als das Entenei geschmeckt.
An unserem
nächsten freien Tag wurde uns eine Sightseeing - Tour
durch Cebu City organisiert. Zusammen mit den Lehrern aus der
Preschool sind wir bei lauter Musik auf der Ladefläche eines
Kleinlasters sitzend durch die Straßen der Stadt gefahren - ein
unglaubliches Gefühl! Wir besichtigten verschiedene
Sehenswürdigkeiten, wie die Festung
„St.
Petro“ und den griechischen, in den Bergen gelegenen „Tempel of
Leah“, von dem aus man eine tolle Sicht auf Cebu City und Umgebung
hat. Den Tag schlossen wir mit einem leckeren Abendessen auf einem
Barbecue-Markt im Zentrum der Stadt.
Eine ähnliche
Sightseeing Tour machten wir in der folgenden Woche erneut. Dieses
Mal begleiten uns zusätzlich Lena und Evin, wie auch zwei weitere
Freiwillige - es wurde kuschelig eng auf der Ladefläche des
Kleinlasters. Wir fuhren in den Süden von Cebu, passierten
verschiedene Städte, fuhren inmitten durch Plantagen mit dem Ziel,
die Wallfahrtskirche Simala zu besichtigen. Ursprünglich war die
heute riesige, prunkvolle Kirche lediglich eine kleine Kapelle. Die
Anlage wurde ausgebaut, da im Jahr 1998 dort ein Wunder geschehen
sein soll:
die
Marienstatue
im Inneren der Kapelle hat geweint. Täglich kommen nun Hunderte von
Menschen dorthin, auch um ein Gebet abzugeben, während sie die
heilige Statue berühren.
Bevor wir die
Kirche besuchten, picknickten wir alle zusammen unter Palmen, von der
starken Sonne geschützt. Jeder brachte etwas zu Essen von zu Hause
mit. Wir bereiteten typisch deutsche Kartoffelrösti vor.
An diesem Tag
besichtigten wir außerdem eine weitere Kirche, die die Partnergemeinde
von San Pio ist, und fuhren anschließend zum Hafen von Naga City,
einer großen Stadt südlich von Cebu City gelegen. Erschöpft von
den vielen Eindrücken sind wir von unserer zehn Stunden langen Tour
abends zurück in San Pio angekommen. Trotz unserer Müdigkeit
entschlossen wir uns Lena und Evin, die in ihr Projekt zurückgebracht
wurden, das etwa 1,5 Stunden entfernt im Norden von Cebu City gelegen
ist, zu begleiten, denn wann hat man schon mal die Möglichkeit,
nachts auf der Ladefläche eines Kleinlasters durch die lebhaften
Straßen von Cebu City zu fahren.
An einem
anderen Nachmittag hatten wir die Möglichkeit, uns einen großen
Tanzwettbewerb in der Universität „San Carlos“ anzuschauen.
Insgesamt sieben verschiedene Tanzgruppen traten gegeneinander an.
Die Stimmung in der Basketballarena war fantastisch, wie auch die
Tänze an sich.
Mittlerweile
haben wir uns sehr gut in unserer neuen Heimat eingelebt. Wir fühlen
uns sehr wohl, genießen den Aufenthalt und freuen uns auf die Zeit,
die noch vor uns liegt.
Salamat ug
babay
Marleen und
Klara